#ShowyourResearch | Maren Busch zu Vertrauensbildung in der Bio-Lebensmittelwirtschaft
Unter dem Motto #ShowyourResearch stellen Promovierende ihre Themen vor und berichten über ihre Erfahrungen mit Wissenschaftskommunikation. Diese Interviews sind im Rahmen einer SchreibChallenge der Coachingzonen Wissenschaft im September 2021 entstanden.
#ShowyourResearch
Maren Busch zu Vertrauensbildung in der Bio-Lebensmittelwirtschaft
Vielen Dank, liebe Maren, dass du dir die Zeit nimmst, unsere Fragen kurz zu beantworten.
Magst du uns dein Forschungsthema kurz erläutern?
Stell dir vor du gehst in den Supermarkt und möchtest Bio-Lebensmittel kaufen. Du denkst, dass du damit der Umwelt etwas Gutes tust und die Lebensmittel unter guten Arbeitsbedingungen hergestellt wurden. Im Supermarkt wirst du konfrontiert mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Bio-Labeln, die kennzeichnen sollen, dass Produkte nach ökologischen Prinzipien produziert worden sind. Das Label soll eine Garantie geben, dass die Lebensmittel von ihrem Ursprung bis zum Kauf ökologisch hergestellt wurden.
Du stellst dir die Frage: Kann ich dem Label vertrauen? Was steckt hinter diesem Label? Was wird getan, damit ich vertrauen kann, dass die gesamte Lieferkette des Produktes ökologisch ist?
Mit steigender Nachfrage nach Bio-Lebensmitteln nimmt auch ihre Produktion zu. Damit kommen neue, auch größere Produzenten und Händler auf den Markt. Es steigt die Zahl an Importen von Bio-Ware aus Ländern außerhalb der EU. Dadurch werden Lieferwege länger und teilweise auch komplexer. Das den Labels zu Grunde liegende Kontrollsystem kann an einigen Stellen überlastet werden. Betrugsfälle und Lebensmittelskandale bei Bio-Lebensmitteln haben gezeigt, dass die Rückverfolgbarkeit trotz Kontrollen nicht immer vollständig gewährleistet werden kann. Misstrauen entsteht und Produzenten, Hersteller und Händler haben Schwierigkeiten, ihre Ware zu vermarkten. Auch sie fragen sich: Kann ich meinen Lieferanten vertrauen? Was kann ich tun, dass meine Abnehmer mir vertrauen?
Mit meiner Forschung möchte ich Erkenntnisse gewinnen, um folgende Fragen zu beantworten: Wie entsteht Vertrauen zwischen diesen Akteuren? Was beeinflusst die Bildung von Vertrauen?
Hinter einem Label steht auch eine Lieferkette. Und wenn eine Lieferkette in sich nicht vertrauenswürdig ist, dann kann mir auch ein Label keine Garantie dafür geben, dass dort, wo „bio“ draufsteht, auch wirklich „bio“ drin ist.
Darum ist es so wichtig die Perspektive der Akteure einzunehmen, die eine Lieferkette bilden. Denn diese besteht aus Organisationen, die von Menschen geleitet werden und die Handelsbeziehungen mit anderen Organisationen bzw. Unternehmen eingehen.
Ich möchte herausfinden, wie Vertrauen entsteht, indem ich spezifische Fallsituationen zwischen Lieferanten und Abnehmern von Bio-Lebensmitteln analysiere. Mittels Befragungen schaffe ich eine tiefergehende Beleuchtung der Handelsbeziehungen und kann das Phänomen Vertrauen in seiner Komplexität erforschen. Dabei analysiere ich die Rolle von Kontrollmechanismen sowie weitere Einflussfaktoren auf die Entstehung von Vertrauen in Abnehmer-Lieferanten-Beziehungen.
Bisherige Ergebnisse meiner Forschung zeigen, dass Kontrolle die Entstehung von Vertrauen fördert, aber nicht allein zur Bildung von Vertrauen führt. Außerdem zeigt meine erste Falluntersuchung, dass es verschiedene Vertrauensformen gibt und unterschiedliche Kontrollmechanismen die Bildung von Vertrauen zwischen Akteuren, aber auch die Entstehung von Misstrauen, beeinflussen. In einer folgenden Falluntersuchung erforsche ich Fairness im Umgang mit Lieferanten und Kunden als Einflussfaktor auf die Entstehung von Vertrauen entlang der Lieferkette.
Wir würden gerne wissen, welche Relevanz der Austausch mit anderen Wissenschaftler:innen für den Fortschritt deiner Arbeit hat? Was hilft dir beim Schreiben deiner Dissertation?
Die Begegnung auf Augenhöhe mit interessierten und reflektierten Menschen unterschiedlicher Disziplinen schenkt mir neue Impulse zur persönlichen Weiterentwicklung. Dadurch bekomme ich die Möglichkeit im Forschungsalltag innezuhalten, mich auf meine Stärken zu besinnen, um Herausforderungen mit neuen Strategien und Werkzeugen begegnen zu können. Der Austausch schafft neue Motivation, um mein Ziel, eine erfolgreiche Dissertation zu absolvieren, nicht aus den Augen zu verlieren.
Welche Herausforderungen siehst du speziell in deinem Fachbereich für die Kommunikation im nicht-akademischen Kontext?
Agrarthemen werden in unserer Gesellschaft oftmals polarisierend diskutiert. Das veranschaulicht insbesondere die Debatte um ökologische vs. konventionelle Produktionsweisen unserer Lebensmittel. Diese Themen wissenschaftlich fundiert und dennoch allgemein verständlich zu diskutieren, ist eine Fähigkeit, nach der wir Wissenschaftler*innen streben sollten. Die Gesellschaft ist Teil der Lösung, weshalb Debatten um Zielkonflikte nicht überwiegend in wissenschaftlichen Kreisen geführt werden dürfen
Vielen lieben Dank, dass du uns einen Einblick in deine Arbeit gegeben hast.
Titelbild und Foto: privat Maren Busch
Veröffentlicht am 21. Oktober 2021