So gelingt interdisziplinäre Forschung

Interdisziplinäres Projektmanagement und interdisziplinäre Forschung brauchen eine fundierte Basis, um wirklich zu funktionieren. Die Basis ist das Team - wie setzt man ein interdisziplinäres Forschungsteam zusammen? Welche Aspekte muss man berücksichtigen?

Die Wissenschaftskommunikation wird auch in in interdisziplinären Forschungsgruppen oft zur Herausforderung. Jede Disziplin hat schließlich ihre eigene Fachsprache und fachspezifischen Begrifflichkeiten. Interdisziplinäres Forschen braucht daher mehr Zeit, etwa um erst einmal eine gemeinsame Sprache zu finden und sich mit der Denkweise der Mitstreiter vertraut zu machen. Die wesentlichen Faktoren für ein gutes Forschungsteam erläutere ich hier.

 

Von Team bis Kinship - so gelingt interdisziplinäre Forschung

 

Wer diese Stolperfallen vermeiden und ein interdisziplinäres Forschungsprojekt zum Erfolg führen möchte, muss daher ganz bestimmte Kompetenzen mitbringen. Die Antworten auf die Frage nach dem bestmöglichen Gelingen interdisziplinärer Teams sind bislang allerdings eher dürftig gesät, wenn man die entsprechende wissenschaftliche Literatur durchforstet.

 

Die aufschlussreichste Arbeit dazu stammt zweifellos von Bernhard Choi und Anita Pak von der University of Toronto (2008). Sie fassen in ihrer Arbeit die Erfolgsfaktoren interdisziplinärer Teams zusammen. Dabei stützen Sie sich auf das Akronym TEAMWORK.

 

(T) Team

 

Ein Schlüsselfaktor für das Gelingen interdisziplinärer Teams ist die Auswahl geeigneter Teammitglieder. Diese sollten folgende Kompetenzen mitbringen:

 

• Fachkenntnisse

• Neugier, Offenheit und Flexibilität im Denken und Handeln

• Erfahrung mit anderen beruflichen Kontexten

• Erfahrung mit Kreativitäts- und Innovationstechniken

• die Fähigkeit, aktiv zuzuhören und wertschätzende, offene

Wissenschaftskommunikation bzw. Kommunikation mit anderen

 

(E) Enthusiasm

 

Das Commitment zur interdisziplinären, fachübergreifenden Zusammenarbeit ist ein wichtiger Erfolgsfaktor. Nur wer disziplinübergreifende Zusammenarbeit wirklich schätzt, führt diese Projekte auch zum Erfolg. Da Reibungen und Konflikte in gemischten Teams unvermeidlich sind, sollten die Teammitglieder zudem eine gewisse Gelassenheit und Frustrationstoleranz mitbringen.

 

(A) Accessibility

 

Nähe bringt Erfolg in interdisziplinären Teams. Diese muss nicht unbedingt physisch sein, sondern kann auch virtuell gelingen etwa durch face-to-face-Interaktionen oder informelle Treffen. Ziel muss es immer sein, den Menschen hinter der jeweiligen Disziplin kennenzulernen. Oft ist es hilfreich, erst einmal außerhalb einer wissenschaftlichen Einrichtung zusammenzutreffen.

 

(M) Motivation

 

Alle beteiligten Disziplinen müssen von ihren Beiträgen am Projekt profitieren, denn nur so sind auch alle Mitglieder ausreichend motiviert. Daher sollte man schon möglichst frühzeitig festlegen, welche Benefits das Projekt für die einzelnen Teammitglieder bringen soll.

 

(W) Workplace

 

Damit ist die institutionelle Unterstützung gemeint. Interdisziplinäre Projekte brauchen mehr institutionelle Rückendeckung als traditionelle Projektarbeit. Meist dauern sie länger und der Erfolg lässt sich generell schwerer abschätzen.

 

(O) Objectives

 

Erfolgreiche interdisziplinäre Projekte brauchen gemeinsame Ziele und Visionen. Wichtig ist auch die Erkenntnis, dass sich durch das gemeinsame Projekt Ziele erreichen lassen, die die jeweiligen Einzeldisziplinen nicht erreichen können.

 

(R) Role

 

Die Teammitglieder müssen ihre fachliche Sozialisation und die an ihre Profession gekoppelten Rollenerwartungen erkennen. Gerade am Anfang eines Projekts ist jeder noch stark in seiner disziplinären Sichtweise verhaftet und lehnt andere Sichtweisen und Disziplinen (und ihre jeweiligen Repräsentanten) ab. Erst dann, wenn in dieser Konfliktphase die Rollen erfolgreich ausdiskutiert werden, können sich Teams formen und Werte, Normen und Ziele formuliert werden. Der Blick auf die eigene disziplinäre Rolle entschärft Rollenkonflikte, die bei dieser Form des Teamworks meist unvermeidlich sind.

 

(K) Kinship

 

Bei diesem Erfolgsfaktor geht es um den Zusammenhalt und die Kommunikation im Team. Diese Fähigkeit zur interdisziplinären Zusammenarbeit lässt sich bewusst fördern. Etwa, indem sich die Teilnehmer in einem ersten Schritt durch Gespräche oder das Lesen von Fachartikeln mit den Kernprinzipien und Arbeitsweisen der anderen Disziplinen vertraut machen. Die Zusammenarbeit profitiert enorm vom Verständnis der Werte, Ziele und Abläufe der beteiligten Disziplinen.

Wie das für Sie selbst und Ihren Studien- oder Forschungsbereich funktionieren kann, erkläre ich Ihnen gerne in meinen Workshops und Coachings. Vereinbaren Sie jetzt einen Termin für ein erstes Kennenlernen und erfahren Sie mehr über meine Methoden und mich.

 

Autorin: Anna Kollenberg
Veröffentlicht: 14. Oktober 2021

Verwendete Quellen:

 

Brandstädter, S. (2019). Interdisziplinär erfolgreich – Modellierung, Validierung und Förderung interdisziplinärer Handlungskompetenz. (Dissertation, Uni Heidelberg Archiv). abgerufen 6.9.2021: https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/volltextserver/29256/1/Brandst%C3%A4dter_Interdisziplin%C3%A4rErfolgreich.pdf

CA Redaktion. (2018). So arbeiten Sie interdisziplinär erfolgreicher zusammen. Abgrufen am 6.9.2021: https://www.controllerakademie.de/news/controlling/so-arbeiten-sie-interdisziplinaer-erfolgreicher-zusammen/

Choi, B. & Pak, A. (2008). Multidisciplinarity, interdisciplinarity, and transdisciplinarity in health research, services, education and policy: 3. Discipline, inter-discipline distance, and selection of discipline. Clinical and investigative medicine. Médecine clinique et experimentale. Abgerufen am 6.9.2021: https://www.researchgate.net/publication/5539037_Multidisciplinarity_interdisciplinarity_and_transdisciplinarity_in_health_research_services_education_and_policy_3_Discipline_inter-discipline_distance_and_selection_of_discipline

Choi, B. & Pak, A. (2007). Multidisciplinarity, interdisciplinarity, and transdisciplinarity in health research, services, education and policy: 2. Promotors, barriers, and strategies of enhancement, In: Clin Invest Med 2007; 30 (6): E224-E232. Abgerufen am 6.9.2021: https://www.thecentrehki.com.au/wp-content/uploads/2020/09/2950-Article-Text-3642-1-10-20071204.pdf

Marsch, U. (2019). Interdisziplinäre Forschung braucht Zeit. Abgrufen am 6.9.2021: https://idw-online.de/de/news717311

Meise B., Schloots F., Müller-Lietzkow J., Meister D.M. (2018). Interdisziplinäres Projektmanagement – Strategische Handlungsempfehlungen für Kooperationsverbünde in akademischen Kontexten. In: Redlich T., Moritz M., Wulfsberg J. (eds) Interdisziplinäre Perspektiven zur Zukunft der Wertschöpfung. Springer Gabler, Wiesbaden. Abgerufen am 6.9.2021: https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-658-20265-1_18

Müller, M. (2020). Ist Interdisziplinarität ein Karrierevorteil?. Abgerufen 6.9.2021: https://www.duz.de/beitrag/!/id/947/ist-interdisziplinaritaet-ein-karrierevorteil

Röhlig, A. (2018). Interdisziplinäre Zusammenarbeit im Verbundprojekt: Herausforderungen und kritische Faktoren einer erfolgreichen Forschungskooperation, HWWI Research Paper, No. 181, Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI), Hamburg. Abgerufen am 6.9.2021: https://www.econstor.eu/bitstream/10419/175346/1/1013892062.pdf